Das Schweigen der Männer ist ihr größter eigener Feind.

Ich bin engagierter Vater und habe auch 7 Jahre nach der Trennung guten und regelmäßigen Kontakt zu meinem Kind. Um diesen Kontakt mußte ich kämpfen und viele Opfer bringen. So habe ich seit der Trennung nach nicht einmal 3 Ehejahren über DM 100.000,- Unterhalt zahlen müssen. Ich war als Ingenieur in dieser Zeit abhängig beschäftigt und mehrfach arbeitslos (2x Massenentlassung, 1x Firmenschließung), insgesamt über 20 Monate.

Bei der ersten Scheidungsverhandlung war ich arbeitslos. Der Richter verweigerte die Scheidung weil er keinen vernünftigen’ Ehegattenunterhalt festsetzen konnte. Er forderte mich auf, mich bundesweit zu bewerben um meiner Unterhaltspflicht nachzukommen und ließ mir einen Gerichtsbeschluß zustellen in dem mir aufgegeben wurde ‘monatlich alle Bewerbungsunterlagen und Antworten der angeschriebenen Firmen einzureichen’. Ich fand dann eine neue Stelle die mich zwang für jedes Umgangswochenende 1.500 km Auto zu fahren. Doch innerhalb der Probezeit wurde jeder Umgang vereitelt, es wurde sogar versucht, trotz monatlich gezahlten DM 1.900,- Unterhalt, eine Gehaltspfändung zu erreichen. Mit Tricks und unter Einhandeln einer einstweiligen Verfügung konnte ich die Pfändung und damit die Gefahr einer Kündigung meines Arbeitgebers innerhalb der Probezeit verhindern. In den folgenden 3 Jahren bin ich für den Umgang mit meinem Kind jährlich über 30.000 km Auto gefahren und habe von DM 3.800,- Nettoeinkommen monatlich bis zu DM 2.000,- Unterhalt gezahlt. Gearbeitet habe ich dafür im Jahresschnitt 54 Stunden die Woche (ohne Mittagspause und 1,5 Std. Arbeitsweg). Unter dieser Belastung ist dann auch eine neue Beziehung zerbrochen. Der Umgang war in dieser Zeit nicht ohne Probleme, so stand ich eines Freitags vor verschlossener Tür oder es fand eine bereits vereinbarte Ferienwoche kurzfristig nicht statt.

Wenn ich meine Geschichte vor nicht Betroffenen erzähle, ernte ich meist verständnisloses Staunen, zum Teil glatten Unglauben. Daher war es für mich notwendig Kontakte zu anderen Betroffenen zu suchen. Ich bin Mitglied im DIALOG zu Wohle des Kindes und beim ISUV/VDU und habe Kontakte zu Väteraufbruch, VHTS, etc.. Ich weiß, daß ich kein Ausnahmefall bin. Ich habe erfahren, daß Man als engagierter Vater nach Trennung und Scheidung zum Außenseiter der Gesellschaft wird. Man wird von dieser Gesellschaft in eine absolut paradoxe Situation getrieben und setzt sich größtem psychischen Druck aus.

Quelle dieses Druckes sind immer wieder die SozialarbeiterInnen der Jugendämter. Bei meinem ersten Gespräch mußte ich mir anhören, daß sich die meisten Väter nach Trennung und Scheidung nicht um ihre Kinder kümmern. Als ich dann den Gegenbeweis lieferte wurde mir nahe gelegt, "Mutter und Kind zur Ruhe kommen zu lassen", mich also nicht mehr zu kümmern. In einem anderen Gespräch wurde mir zu Beginn aufgetragen, nicht schlecht über die Kindesmutter zu sprechen, um mir am Ende, schon in der Tür, sagen zu lassen, ich solle das Kind doch der Mutter lassen, da ich ja nichts gegen sie vorzubringen hätte. Da es sich in diesem Fall um eine akademisch gebildete Person handelte, unterstelle ich den Vorsatz, mich psychisch disqualifizieren zu wollen. Anderen Personen unterstelle ich unüberlegte Reproduktion von gesellschaftlichen Vorurteilen.

Leider sind es zum großen Teil Männer, die negative Vorurteile über Männer und Väter verbreiten oder durch ihr Schweigen zu deren Verbreitung beitragen!

Vor einigen Wochen konnte ich mich bei einer SPD-Veranstaltung nicht mehr zurückhalten und habe den männlichen Vortragenden aufgefordert mich als Mann und Vater nicht mehr weiter zu diskriminieren. Nur ein einziger anderer Mann hat mir zugestimmt, die Anderen haben die Schnauze gehalten.

Die Bundesregierung steht nicht im Ruf, feministisch unterwandert zu sein, in ihrem Entwurf zur Reform des Kindschaftsrechts will sie erreichen, daß der Vater auch gegen seinen Willen, ohne Prüfung des Kindeswohles, vom Sorgerecht ausgeschlossen werden soll, wenn dies die Mutter will. Wenn aber der Vater das Sorgerecht unter Zustimmung der Mutter erhalten soll, so soll in Zukunft das Gericht von gesetzeswegen das Wohl des Kindes prüfen müssen.

Dies stellt eine horrende Diskriminierung der Väter dar!

Ich fordere daher alle Männer auf, ihr Schweigen zu brechen und Einspruch zu erheben. Ein Schweigen stellt eine Zustimmung dar!

Leider habe ich die Erfahrung gemacht, daß die meisten Männer schweigen, wenn es zu Auseinandersetzungen mit Frauen kommt. Viele Männer gefallen sich sogar in der Rolle des Frauenfreundes. Wie ein Pfau sein unnützes Gefieder aufstellt, werben sie um die Gunst der Zuhörerinnen (hier muß das ‘i’ klein geschrieben sein) indem sie ihnen nach dem Munde reden. Wahrscheinlich erhoffen sie sich, wie der Pfau, auf möglichst viele steigen zu können. Warren Farrell beschreibt in seinem bei 2001 erschienenen Buch "Mythos Männermacht", wie auch er sich früher in dieser Rolle gefiel, aber auch, wie er erkannt hat, daß auf diesem Weg keine Emanzipation, kein positiver gesellschaftlicher Wandel stattfinden kann. Auch er fordert die Männer auf, ihr Schweigen zu brechen und sich auf eine Auseinandersetzung mit den Frauen einzulassen.

Leider stehen viele unausgesprochene gesellschaftliche Konventionen dagegen. So habe ich in meiner Situation (siehe oben) erfahren müssen, daß ich mich als Mann vor Frauen und Männern der Lächerlichkeit preisgebe, wenn ich mich als das Opfer darstelle, das die Gesellschaft mit ihren Konventionen, aber auch mit Familiengericht und Jugendamt, aus mir gemacht hat. Ich bin zu einem verschuldeten Fronarbeiter gemacht worden, es wurde mir die vom Grundgesetz garantierte Freizügigkeit genommen als man mir auftrug, mich bundesweit zu bewerben, für den Umgang mit meinem Kind wurde ich der Willkür der Kindesmutter unterworfen, ich muß seit 7 Jahren und auf unbestimmte Zeit auf ein eigenbestimmtes Leben verzichten. In der Öffentlichkeit gelten aber pauschal alle alleinerziehenden Mütter als bemitleidenswerte Opfer, unabhängig davon, ob sie durch ihren eigenen freien Willen und ohne äußeren Zwang dazu geworden sind. Es erfolgt keine Prüfung des Einzelfalles, ja allein der Versuch einer Prüfung wird als unmoralisch dargestellt, all dies ist aber kennzeichnend für ein Vorurteil.

So lange Kritik von Frauen an Männern als entwickeltes Selbstbewußtsein gilt, während Kritik von Männern an Frauen als männlicher Chauvinismus gesehen wird, entfernen wir uns von einer Partnerschaft zwischen Männern und Frauen. Der Versuch von Männern, sich durch Schweigen als Gentleman zu erweisen, ist in einem solchen Zusammenhang absolut unangebracht. Ein weiteres Schweigen der Männer wird immer mehr Männer zu Opfern werden lassen, ohne daß dadurch Frauen zu Siegern werden (siehe die Probleme der alleinerziehenden Mütter). Das Schweigen führt dazu, das Alle, Männer wie Frauen und vor allem ihre Kinder, verlieren.


Dieser Beitrag erschien zuerst bei http://www.paPPa.com/ auf den Folgeseiten von jurij & ralfo (viele Grüße an Euch!) mit dem Titel Väter kämpfen für ihre Kinder unter der Überschrift Speaker's Corner, spaeter auch im Männerrundbrief Nummer 14.

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